Also die Kluft zwischen Realwirtschaft und Börse wird nach meiner Wahrnehmung immer verrückter. Die schlechtesten Nachrichten nimmt die Börse positiv auf. Doch eines Tages gewinnt die Realität – auch an den verrücktesten Aktienmärkten wie im Jahr 2000. Der miserable Zustand der Allgemein-Wirtschaft wird verdrängt. Wer auf der Bullen-Seite ist, sollte mir diese Ausgabe bitte trotzdem verzeihen. Ich habe in den letzten Ausgaben auch geschrieben, dass die Börse meistens entgegen der Erwartungen agiert und somit die jüngste Rally für mich auch keine Überraschung ist. Nur sollte man die Situation genau beobachten und nicht jetzt noch auf den Zug aufspringen.
Ich verweise hier nur auf die Einzelhandelsumsätze in Deutschland, die um über 6% gegenüber dem Vorjahr zurück gingen. Also das ist schon eine Hausnummer, liebe Leser. Doch die Anleger nutzen die schlechten Konjunkturdaten für die Hoffnung auf die Zentralbank-Politik. Deutschland hat zunächst einmal die Veröffentlichung der Inflationsdaten nach hinten verschoben. Womöglich muss man hier noch an der Statistik feilen, damit es nicht zu schlimm ausfällt. Ich betone immer wieder, dass ich selbst in Asien lebe und somit nur aus Erzählungen die Situation in Deutschland beurteilen kann. Doch aus meinen Gesprächen heraus höre ich doch ausnahmslos negative Meldungen – und zwar auch von Groß-Unternehmern.
Die Highlights in der Berichtssaison haben wir diese Woche gehabt. Dennoch geht es nächste Woche weiter und gibt uns vor allem bei den Ausblicken weiteren Aufschluss, wie es bei den Konzernen auf internationaler Ebene ausschaut. Nochmals, ich freue mich schon auf den „Finanz-Stammtisch“ am nächsten Dienstag, in welchem die Experten live einen Rundumschlag zur aktuellen Situation an den internationalen Aktienmärkten machen. Auf der geopolitischen Ebene halte ich mich eher heraus – dennoch sollten wir die Gefahren hier nicht unterschätzen. Denn die BRIC-Staaten zeigen immer mehr Sympathie zu Russland und die NATO-Verbündeten liefern derweil auch Angriffswaffen in die Ukraine. Ich sehe die Situation alles andere als entspannt!
Wie geht’s an den Börsen weiter?
Die jüngsten Zahlen zeigen eine konjunkturelle Schwäche und parallel die Problematik mit der Zentralbank-Politik, die sich in der Tat in der Zwickmühle befindet. Deshalb warte ich nach wie vor auf den berühmten „Schwarzen Schwan“. Aktuell zeichnet sich – wie in meinem Buch „Global Prison – Monopolisierung auf Siegeszug“ beschrieben – eine kurzfristige Stärkung der Monopolisten ab, die allerdings unter einem Konsumrückgang leiden werden. Dies hat sich bei den Zahlen der großen Tech-Companies wie Apple bereits abgezeichnet.
Ich bleibe auf der vorsichtigen Seite. Die Luft nach oben wird dünner, und sollte es noch weiter auf neue Allzeithochs gehen, dann wird der Fall danach umso heftiger.
Genießen Sie das Wochenende und schaffen neue Kraft!, an den Märkten wird es in den nächsten Monaten sicherlich nicht langweilig.
Ihr
Rainer Hahn
Chefredakteur
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